Zahnmediziner & Erfinder der 3D-Navigation Dr. Michael Truppe im Interview mit der Standesbank
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Wir treffen Michael Truppe in seiner Ordination im 8. Wiener Gemeindebezirk. Beim Betreten der Ordination spürt man es sofort: Hier ist man gut aufgehoben. Begleitet von klassischer Hintergrundmusik, starten wir mit einer Führung durch die lichtdurchfluteten Ordinationsräume und sind nachhaltig beeindruckt. Vom wunderschönen Ambiente, einer technischen Ausstattung, die innovativste Behandlungsmethoden ermöglicht und einem Arzt, der seinen Beruf mit Leidenschaft ausübt.
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Herr Dr. Truppe, Sie sind der Erfinder der 3D-Implantat-Navigation. Wie ist es dazu gekommen? Die Technologie der Augmented Reality Visualisierung und der Telekonsultation haben wir an der Wiener Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie entwickelt und international patentiert. Die Live-Video-Aufnahme des Operationsgebietes wird mit der 3DRekonstruktion der Anatomie des Patienten überlagert, in Echtzeit. Ebenso die Position der chirurgischen Instrumente, relativ zu sensiblen anatomischen Strukturen. Daraus entstand später die dynamische 3D-Implantat-Navigation. Nach Kyoto, Japan, haben wir beispielsweise bereits in den 90er Jahren eine Operation im AKH über Telenavigation übertragen. Am nächsten Tag in der Früh haben wir sofort geschaut, was die Zeitungen darüber schreiben. Es gab noch kein Internet, so wie wir es heute kennen. Verbindungen wurden noch mit gebündelten ISDN-Leitungen aufgebaut. Unsere Premiere der Telekonsultation fand 1997 beim Forum Alpbach statt. Bevor wir allerdings mit unserem Vortrag beginnen konnten, sind dort alle ISDN-Leitungen zusammengebrochen. Letztendlich haben wir es doch geschafft und konnten eine direkte Verbindung ins AKH aufbauen. Sie sind seit über 20 Jahren selbständiger Zahnmediziner. Was war damals für Sie ausschlaggebend, eine eigene Ordination zu eröffnen? Damals war ich immer im OP von Universitätskliniken und habe erklärt, wie die neue Technologie angewandt werden kann. In der eigenen Ordination wollte ich meine Erfindung selbst umsetzen. Was man anderen empfiehlt, auch selber zu tun, das war die nächste Hürde für mich. Es ist ein Unterschied, über etwas zu sprechen oder es selbst zu machen. Da gewinnt man ganz neue Erkenntnisse. Wie profitieren Ihre Kolleginnen und Kollegen heute vom Einsatz der 3D-Implantat-Navigation? Die Lernkurve, der intraoperative Aufwand und die Kosten der dynamischen 3D- Navigation waren erheblich. 20 Jahre später haben wir mit dem 3D-Druck ganz neue Möglichkeiten. Die geplante Position des Implantats wird als 3D-Schablone in der Ordination gedruckt. Das dauert nicht mehr länger als früher die OP-Vorbereitung für die dynamische 3D-Navigation. Ein 3D-Drucker der neuesten Generation druckt nicht nur diese Bohrschablone, sondern auch schon die provisorischen Zähne. Zähne aus dem 3D-Drucker? Ja, das funktioniert wirklich. Implantat Patienten brauchen manchmal eine Übergangslösung, die schnell gehen und wenig kosten soll. Die Sofortprothese aus dem 3D-Drucker ist dazu ideal geeignet. Auch eine Probe-Brücke für die Kontrolle der Ästhetik ist eine Anwendung. Dadurch können gleich mehrere Variationen verglichen werden. Auch für die Patienten eine große Zeitersparnis. Natürlich. Als Arzt muss ich dem Patienten erklären, wie die Behandlung ablaufen wird. Mit Fachausdrücken kann der Patient meist wenig anfangen, also arbeitet man mit Bildern. Das ist das, was wir hier tun. Der Patient kann das Behandlungsziel visuell und in Echtzeit mitverfolgen. Ästhetische Fragen und der Behandlungsplan können sozusagen vom Zahnarztstuhl weg sofort geklärt und besprochen werden. Der große Vorteil des 3D-Drucks: Aus dem Bild wird Realität. Und das, während der Patient noch in der Ordination ist. Besonders in Zeiten wie diesen (COVID-19-Pandemie, Anm. d. Red.).
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Welche Voraussetzungen sollte man in Ihrem Beruf mitbringen? Ein Zahnmediziner muss im Rahmen seiner Tätigkeit eine große Bandbreite an Fähigkeiten einsetzen, vor allem die technischen Anforderungen sind jetzt größer. Ein Punkt ist, dass in der Zahnmedizin eine hohe Anforderung an Präzision besteht. Wenn man als Zahnarzt ein Implantat präzise gesetzt hat und der Patient wieder kauen kann, ist man mit seiner medizinischen Leistung zufrieden. Jetzt kommt allerdings noch eine weitere Komponente dazu: Der Patient kann zwar wieder kauen, ist aber vielleicht mit der Optik nicht zufrieden. Dies vorab zu erkennen erfordert eine umfassende Kommunikation mit dem Patienten. Die ästhetischen Erwartungen des Patienten sind manchmal nicht leicht zu erfüllen, Technologie allein wird auch in Zukunft nicht die Lösung sein. Wie löst man das am besten? In meinem Beruf muss man wie gesagt alles Mögliche abdecken können. Natürlich kann man in einem großen Team arbeiten, wo KollegInnen unterschiedliche Spezialisierungen haben. Es geht aber auch mit der gleichen Kompetenz alleine in der Ordination. Die Digitalisierung aller Befunde ermöglicht einem virtuellen Behandlungsteam die Fallplanung über Telekonsultation. Früher wurde der Patient an eine Kollegin oder einen Kollegen überweisen, jetzt kommt der Arzt über Telekonsultation zum Patienten. Wenn Sie zurückblicken: Was war die größte Herausforderung in Ihrem bisherigen Berufsleben? Die Umstellung von der Entwicklung und Anwendung der Software als Forschungsprojekt an Universitätskliniken zu der praktischen Umsetzung der Ideen in der eigenen Ordination, das war wirklich hart. Zu sehen, dass eigene Ideen manchmal im realen Leben nicht funktionieren. Deswegen scheitert auch die Forschungsförderung so oft. Weil es zu wenig Bezug auf eine praktische Umsetzung gibt. Meine Forschungsprojekte wurden übrigens vom FWF (Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Anm. d. Red.) unterstützt. Gibt es etwas, das Sie heute anders machen würden? Sie können Entscheidungen nur auf den Moment hin treffen, anders geht es nicht. Wenn etwas nicht optimal ist, muss ich mir die Frage stellen, was ich in der Zukunft ändern könnte. Die Vergangenheit ist dabei unwesentlich. Vor 20 Jahren war die Entwicklung der 3DImplantat-Navigation auch in den USA eine Innovation, wir wurden zu Vorträgen an führenden Universitäten eingeladen. Jetzt weiß ich, dass für die Einführung einer neuen Technologie in der Medizin 10 Jahre nicht reichen. Ich würde mit dem Wissen von heute weniger Risiko eingehen. Was würden Sie jungen Kolleginnen und Kollegen raten? Zuerst Erfahrungen sammeln oder gleich nach dem Studium den Weg in die Selbständigkeit gehen? Dazu habe ich eine ganz klare Meinung: Ich würde nie jemandem etwas empfehlen. Ich sehe das als anmaßend und bevormundend. Man kann etwas anbieten und zeigen, welche Optionen es gibt. Ob das angenommen wird, hängt von den jeweiligen Fähigkeiten und vom Willen ab. Der entscheidende Punkt ist: Der Mensch kann an den Herausforderungen wachsen. Also die Antwort: Mache einfach, was Du dir zutraust. Der Weg zur eigenen Ordination muss gut geplant werden. Welche Kriterien sollte ein Finanzpartner für Sie dabei erfüllen? Da kann ich wohl auf eine umfassende Erfahrung zurückgreifen, mit allen Höhen und Tiefen. Universitätsklinik, Softwareentwicklung für zwei Jahre in den USA, eigene Ordination. In der Zahnmedizin sind wir in einer ständigen Kommunikation mit Menschen. Was wir tun, wie erfolgreich wir sind und wie das letztendlich wirkt, das alles ist eine Interaktion mit Menschen. Das bedeutet auch, wir können mit abstrakten Begriffen oder Fragebögen wenig anfangen. Das ist nicht unsere Welt. Das heißt, man ist gut im Feld der Kommunikation und sucht sich einen Partner, mit dem man gut kommunizieren kann. Dann steht man vor der nächsten Herausforderung: Ist die Bank zu klein, kommt man nicht weiter. Ist sie zu groß, geht es nur mehr um Ratings und man kommt auch nicht weiter, weil die individuelle Betreuung fehlt. Also muss man den Finanzpartner so auswählen, dass er eine Größe hat, die Sinn macht und noch dazu die eigene Sprache spricht. Die Ärzte- und Apothekerbank ist für mich eine vernünftige Lösung, das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Denn eines muss man auch sagen: Ich zumindest für meinen Teil, bin mit meiner medizinischen Arbeit vollkommen ausgelastet. Und dafür möchte ich den Rücken freihaben. Unternehmerische Skills werden im Studium oft zu wenig ausführlich behandelt. Inwieweit ist das eine Hürde für junge ZahnmedizinerInnen? Wie haben Sie das gemeistert? Das ist ein ganz großes Manko. Als selbständiger Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und Wahlarzt bin ich für meinen ökonomischen Erfolg alleine verantwortlich. Da bekommt man beim Zahnmedizinstudium absolut keine Hilfsmittel mit. Leider kann man erst nach jahrelanger eigener Erfahrung erkennen, ob die Berechnungen und Vorschläge den Praxistest bestehen. Mit einem Partner, der zumindest den ökonomischen Aspekt vertrauenswürdig und kompetent abwickelt, hat man weniger Sorgen. Wie haben Sie den ersten Lockdown erlebt? Aus Erfahrungen der Vergangenheit war meine erste Reaktion: Was mache ich, wenn es schlimm kommt, wie kann ich mir den Rücken freihalten. Dann begann das Telefonieren. Der Steuerberater kannte sich aus, hatte aber auch nur abstrakte und allgemeine Informationen. Ich hatte im Lockdown ein paar Monate lang wenig Patienten, niemand wusste was kommt, ich rechnete mit dem Worst Case. Da war es für mich sehr hilfreich, ja essenziell, in der Bank einen persönlichen Ansprechpartner zu haben, um Möglichkeiten zu besprechen. Die von der Bundesregierung angebotenen Optionen waren für meinen Teil ebenso wichtig. Die Online-Anmeldung beim Austria Wirtschaftsservice war so einfach, dass ich es selbst erledigen und einreichen konnte, wirklich gut gemacht. Wie andere Leute das sehen, weiß ich nicht, ich kann sagen: Es war ein absolutes Stress-Reduktionsmittel für mich. Die gesamte Administration wurde über die Bank abgewickelt und ich konnte mich wieder voll und ganz auf meine Patienten konzentrieren.
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Haben Sie lange nach der für Sie richtigen Ordination gesucht? Dieser Standort war reiner Zufall. Ich habe die Räumlichkeiten damals von einem Kollegen übernommen, ohne einen einzigen Patienten in der Kartei. Die Lage innerhalb des Gürtels und die hohen Räume, das hat mir gleich zugesagt. Meine Frau hat dann durch kleine Änderungen diese entspannte Atmosphäre geschaffen. Mir ist es darum gegangen, ein Ambiente entstehen zu lassen, das meine Patienten emotional positiv stimmt. Wie waren die ersten Jahre in der Selbständigkeit für Sie? Jeder, der heute neu beginnt, hat die Chance vorne mitzuspielen. Wenn sie oder er die richtigen Entscheidungen trifft und das Marktsegment mit den Fähigkeiten und Interessen harmoniert. Der Wettbewerbsvorteil einer etablierten Ordination ist nicht so groß, wie man vielleicht denkt. Potenzielle Patienten von den neuesten digitalen Technologien zu begeistern, ist jetzt einfacher möglich, weil sie mit Online-Marketing direkt erreicht werden können. Es ist nicht so wie früher, dass man sagt, du musst dir erst deine Lorbeeren verdienen. Nein, überhaupt nicht. Heutzutage kann jeder eine etablierte Ordination links und rechts überholen, weil durch die technischen Möglichkeiten in einer digitalen Ordination vom ersten Tage an die Qualität sichergestellt ist. Auf welchem Weg kommen die PatientInnen zu Ihnen? Online oder durch klassische Mundpropaganda? Bei Armin Assinger wäre es die Millionenfrage. Für Werbung gibt es strikte Richtlinien der Zahnärztekammer, jedoch haben Printmedien an Bedeutung verloren. Der Großteil meiner Patienten kommt durch klassische Mundpropaganda zu mir in die Ordination. Ein nicht unwesentlicher Teil auch über meine Webseite via Online-Marketing. Die Bindung eines Patienten an die Ordination entsteht letztendlich aber erst durch Kompetenz, Qualität und das persönliche Vertrauen in eine Ärztin oder einen Arzt. Daraus entwickelt sich dann die klassische Mundpropaganda. Was denken Sie, kommt nach der digitalen Ordination? Digitale Ordination und Telemedizin sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Eine digitale Ordination hat die Option Telemedizin a priori. Durch Telekonsultation wird räumliche Distanz überwunden, der Patient kann manche Ordinationsbesuche vermeiden. Es bleibt aber das Problem der Verfügbarkeit des Arztes zum Zeitpunkt der Anfrage des Patienten. Ob Telekonsultation oder Ordinationsbesuch, der Zeitaufwand ist für den Arzt gleich. Nun können eine Anamnese oder allgemeine Fragen jedoch bereits im Vorfeld über Chat, SMS oder Computerstimme einer digitalen Rezeptionistin erhoben werden, alles unterstützt durch Künstliche Intelligenz. Nach diesem Prozess übernimmt der Arzt die Telekonsultation persönlich und hat somit mehr Zeit, sich seinen Patienten zu widmen. Also nicht Selbstdiagnose per Internet, sondern Konsultation mit einem Arzt.
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Gibt es bereits Projekte, die ÄrztInnen bei der PatientInnen-Kommunikation mit Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen? In Australien ist ein Online-Spital (https://www.docto.com.au, Anm. d. Red.) 24 Stunden erreichbar. Eine digitale Rezeptionistin ordnet die Patienten dann einem Spezialisten zu. Die digitale Rezeptionistin ist ein KI-Programm (Watson von IBM), welches auch wir einsetzen. Weiters gibt es auch die Möglichkeit einer Kommunikation mit IBM Watson mittels Sprache. Man glaubt, mit einer realen Person zu sprechen. Um überhaupt ein Projekt definieren zu können, braucht es jedoch ein großes Querschnittwissen. Das ist der Grund, warum viele Projekte nicht weitergekommen sind. Es gibt aber schon interessante Erfolgsmeldungen. In der Kopenhagener Notrufzentrale können gut ausgebildete medizinische Disponenten in mehr als 70 Prozent der Fälle einen Herzstillstand anhand von Beschreibungen am Telefon erkennen. Mithilfe von künstlicher Intelligenz, die auf maschinellem Lernen basiert, konnte die dort an sich schon hohe Erkennungsrate auf weit über 90 Prozent gesteigert werden. Auch in den USA kam bei der Notfallnummer 911 im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie künstliche Intelligenz zum Einsatz. Bei den Analysen der Notrufprotokolle waren auch hier die Ergebnisse der von IBM entwickelten KI Watson genauer. Das Thema Telemedizin hat seit der weltweiten Pandemie enorm an Bedeutung gewonnen. Wie sehen Sie das als Pionier der ersten Stunde? Ein guter Freund von mir, ein Schulfreund, ist Ordinarius an einer Universität in Australien. Er kann anhand eines Fotos ein Melanom erkennen. Wenn Sie jetzt im australischen Outback sind, ist das natürlich praktisch, für eine Diagnose nicht 500 km fliegen zu müssen, sondern einfach das Handy auf die Hautveränderung zu halten und gleich zu erfahren, was es ist. Wenn Sie zum Dermatologen gehen, wird ja auch fotografiert. Ob der Arzt jetzt vor Ort oder der Patient selbst fotografiert, der Workflow ist der Gleiche. Die Beispiele lassen sich mit der radiologischen Befundung fortsetzen, wo übrigens auch KI eingesetzt wird. Die Pandemie hat wegen der eingeschränkten Mobilität wie ein Brennglas aufgezeigt, dass nicht technische, sondern bürokratische Hürden überwunden werden müssen. Wie kann man sich das in der Zahnmedizin vorstellen? Im Bereich der Zahnmedizin stellt sich das so dar: Um das zum Funktionieren zu bringen, müsste es aus meiner Sicht so sein, dass der interne, digitale Workflow nach außen getragen wird. Aber man kann nicht umgekehrt arbeiten. Der Patient hat in diesem Fall noch nicht die Infrastruktur und die technischen Möglichkeiten dazu. Also zum Beispiel keinen 3D-Scanner für die Zähne. Anders als in der Dermatologie bietet in der Zahnmedizin ein einfaches Foto noch zu wenig diagnostische Informationen. Es ist ein sehr differenziertes Feld, was Telemedizin leisten kann. Das Interessante ist, dass ich jetzt immer wieder mit schon etwas älteren Semestern über WhatsApp-Videokonferenzen kommuniziere. Ich bin ganz überrascht. Aber ich würde das nicht als Telemedizin bezeichnen. Setzen Sie in Ihrer Ordination schon Telemedizin ein? Auf dem ICOMS Kongress 2005 in der Wiener Hofburg haben wir mit A1 als Telenavigation eine stereotaktische Arthroskopie live nach Japan übertragen. Meine damaligen Projekte der Telekonsultation zwischen Universitätskliniken sind in einer Ordination so nicht umsetzbar. Bei komplizierten Fällen hole ich eine zweite Meinung von einem Kollegen ein, chairside in Anwesenheit des Patienten. Meine Forschung ist jetzt Telekonsultation mit Unterstützung von künstlicher Intelligenz. Die IBM Watson Software ist 24 Stunden, 7 Tage die Woche abrufbar. Aus Sicht des Patienten ist es eine Computerstimme, welche Antworten auf medizinische Fragen gibt, oder eine Antwort auf ein SMS. Wie sehen Sie die Telemedizin in der Zukunft? Dazu gibt es zwei Ebenen, die Sicht des Patienten und die Sicht des Arztes. Mich interessiert, ob ich auch als niedergelassener Arzt eine telemedizinische Leistung anbieten kann. Alle technologischen Bausteine sind ja frei zugänglich, so ähnlich wie ein Bausatz, um eine Webseite zu erstellen. Der Mund und die Ästhetik des Gesichtes sind ein sehr persönlicher und emotionaler Bereich. Auch über Telemedizin wird der Patient schlussendlich einen Termin in der Ordination wahrnehmen. Es ist also kein Ersatz, sondern eine Erweiterung der Ordination. Eines ihrer aktuellen Forschungsprojekte ist die 3D-Simulation des idealen Lächelns. Worum geht es bei dieser Studie? Wir haben das medizinische Problem, dass der Patient oft nicht sofort sagt, was ihm nicht gefällt. Zuhause gibt es dann die Kommunikation mit Verwandten und Bekannten. Bei der Studie geht es darum, wie man mittels 3D-Simulation schon im Vorfeld die Zufriedenheit des Patienten messen kann. Herauszufinden, was der Patient möchte, das ist die große Herausforderung. Da bin ich gerade dabei, eine neue Möglichkeit zu schaffen.
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Vor welchen großen Herausforderungen stehen Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner in den nächsten Jahren? Eine wesentliche Herausforderung wird die Digitalisierung sein. Nehmen wir als Beispiel einen Patienten, der eine neue Krone möchte. In der Ordination wird ein optischer 3DAbdruck gemacht. Option A: Die Daten werden an ein internationales Fräßzentrum gesandt, die Krone wird dort gestaltet, gefertigt und ist in drei Tagen zurück in der Ordination. Option B: Chairside-Fertigung wie in unserer Ordination. Der Patient geht mit der Krone nach Hause. Und Option C: Ein herkömmlicher Abdruck für das Gipsmodell, Anruf im Labor, klassisches Handwerk und so weiter. Das ist üblich, bequem, aber ohne Zukunft. Die Digitalisierung weckt allerdings auch das Interesse und den Einstieg von Investoren in das Gesundheitssystem. Es werden wie im Ausland Zahnarztketten entstehen. Die Einzelordination wird zum Auslaufmodell werden. Wenn man jedoch die digitalen Verfahren beherrscht, kann man als Zahnärztin oder Zahnarzt unabhängig bleiben und sein Schicksal selbst bestimmen.
Dr.med.univ. Michael Truppe – zur Person
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Dr. Michael Truppe etablierte die 3D-Navigation erfolgreich in der Zahnmedizin. Er ist Erfinder der 3D-Implantat Navigation, die erstmals 1995 erfolgreich an der Universitätsklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Wien eingesetzt wurde. Seit 1990 hat er dafür eine Vielzahl internationaler Patente erhalten. Das von ihm entwickelte Verfahren ist mittlerweile internationaler Standard. Die Weiterentwicklung computerunterstützter 3DNavigation von Zahnimplantaten ist seit bald 20 Jahren ein Forschungsschwerpunkt.
Patente: https://scholar.google.com/citations?user=ABDceFgAAAAJ&hl=en
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